Umgangsrecht: Bewusste Entfremdung des Kindes verstößt gegen Erziehungsauftrag
Autorin: Katja Müller, Rechtsanwältin
Trennung und Scheidung können einschneidende Folgen für alle Beteiligten haben – nicht zuletzt für die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder. Mit einer Trennung geht die Pflicht der Eltern einher, die Eltern-Kind-Beziehung zum anderen Elternteil für das Kindeswohl zu unterstützen.
Leider kommt es nicht selten zu einer Eltern-Kind-Entfremdung. Eine spezielle Form hiervon ist das Parental-Alienation-Syndrom (PAS). Konkret zerstört dabei ein Elternteil das Ansehen des anderen Elternteils in den Augen des Kindes. Bei dem Kind führt dies unweigerlich zu einem schwerwiegenden Loyalitätskonflikt und einer psychischen Belastung. Zur Erziehungsfähigkeit gehört es dazu, den anderen Elternteil in seiner Vater- oder ihrer Mutterrolle bestehen zu lassen.
Pflicht zum Wohlverhalten?
Der Kontakt zwischen Eltern und Kind ist ein Grundrecht, das auch von Dritten zu respektieren ist. Was aber kann man rechtlich unternehmen, wenn die Beziehung zum Kind vom anderen Elternteil bewusst manipuliert und zerstört wird?
Gesetzlich sind Eltern gegenseitig zum Wohlverhalten verpflichtet. Das heißt, dass sie alles unterlassen müssen, was die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil stört. Dabei ist es nicht allein ausreichend; den Kontakt des anderen Elternteils zum Kind nur zuzulassen – die Eltern-Kind-Beziehung ist vielmehr aktiv zu unterstützen, wenn es dem Kindeswohl zugutekommt.
In den meisten Fällen wird der Kontakt zu beiden Eltern dem Kindeswohl entsprechen. Beeinflussungen, Aufhetzungen des Kindes, Beleidigungen oder Gewalt gegenüber dem anderen Elternteil können ebenso ein widerrechtliches Verhalten darstellen, wie das Kind zu instrumentalisieren, um private oder intime Informationen über den früheren Partner oder die frühere Partnerin in Erfahrung zu bringen. Solche Handlungen, die in ihrer extremsten Form, dem PAS, eben zur völligen Entfremdung des Kindes führen, verstoßen gegen das Wohlverhaltensgebot.
Wird der Kontakt zu einem Elternteil vom anderen aktiv verhindert oder torpediert, kann dies in letzter Konsequent sogar zum Entzug der (Mit-)Sorge führen. Zur Erziehungsfähigkeit gehört nämlich auch, Bindungen des Kindes zu anderen wichtigen Bezugspersonen zu tolerieren. Gerade in solchen Situationen stößt das Recht manchmal an seine Grenzen. Das Gericht versucht, in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren immer im Interesse des Kindes zu entscheiden. Allerdings lässt sich nicht immer feststellen, ob die Ablehnung des Kindes einem Elternteil gegenüber durch Beeinflussung entstanden ist, oder ob die Ursache tatsächlich in der Eltern-Kind-Beziehung liegt.
Die Vermeidung von Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen des Kindes wird im Gesetz explizit als Kriterium bei der Beurteilung des Kindeswohls genannt.
Manchen Menschen ist leider nicht bewusst, dass Ärger und Wut gegen den Ex-Partner, die Ex-Partnerin letztlich etwas sein können, das die psychische Gesundheit der eigenen Kinder erheblich beschädigt.