„Kuckuckskinder“ und der Scheinvaterregress
Familienrecht: „Kuckuckskinder“ und der Scheinvaterregress
Autorin: Christina Begenat, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht
Wer im irrigen Glauben einer Vaterschaft Unterhalt leistet, hat später möglicherweise Ersatzansprüche
Der Begriff „Kuckuckskind“ bedeutet, dass der vermeintliche Vater nicht der ist, von dem das Kind biologisch abstammt. Wenn Zweifel entstehen, ob das Kind wirklich der eigene Sohn oder die eigene Tochter ist, kann das nicht nur schwerwiegende emotionale sondern unter anderem auch rechtliche Folgen nach sich ziehen.
Jemand, der im irrigen Glauben einer Vaterschaft Unterhalt leistet, hat später möglicherweise Ersatzansprüche. Der rechtliche Begriff dafür ist Scheinvaterregress.
Man hat nicht unbegrenzt Zeit, um rechtlich etwas zu unternehmen, sofern die Vaterschaft angezweifelt wird. Ab dem Moment der „ernstlichen Zweifel“ an der Vaterschaft hat man ganz genau zwei Jahre Zeit. Innerhalb dieser Frist muss ein entsprechender Antrag mit dem Ziel, in Zukunft nicht mehr der (rechtliche) Vater eines Kindes zu sein, bei Gericht eingereicht werden. Verpasst man diese Frist, bleibt man (rechtlich) Vater. Und zwar mit allen finanziellen Folgen, die mit einer Vaterschaft verbunden sind. Hat man also den Zeitpunkt für die gerichtliche Geltendmachung überschritten, schuldet man auch weiterhin Kindesunterhalt.
Eine zweijährige Frist ist keine sehr lange Zeitspanne. An die sogenannten „ernstlichen Zweifel“ legt die Rechtsprechung einen strengen Maßstab an. Man muss sich schon ziemlich sicher sein, dass man nicht der Vater des Kindes ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Scheinvater gar nicht in der Lage ist, Kinder zu zeugen, gar keinen Geschlechtsverkehr im fraglichen Zeitpunkt mit der Frau hatte oder ihm schriftliche Nachweise vorliegen, dass er nicht der Vater sein kann. Die bloße Ahnung, möglicherweise nicht der Vater zu sein, oder Gerüchte reichen nicht aus.
Unterhaltsleistungen zurückfordern
Steht gerichtlich fest, dass der Scheinvater nicht der biologische Vater ist, kann er von dem „echten“ Vater Ersatz für den bisher geleisteten Kindesunterhalt verlangen. Grenze ist hier die Leistungsfähigkeit des „richtigen“ Vaters. Das heißt, wenn der richtige Vater nicht so zahlungskräftig ist, wie der Scheinvater, muss er ihm nur den Betrag ersetzen, den er auch dem Kind an Unterhalt hätte leisten müssen. Es ist somit unerheblich, ob der Scheinvater das Kind auf eine teure Privatschule geschickt oder jahrelang Reitstunden bezahlt hat. Überdies kann nur dann Unterhalt von dem „echten“ Vater verlangt werden, wenn er bekannt ist. Die Mutter ist nicht verpflichtet, die Identität des wahren Vaters preiszugeben.
Denkbar wäre auch, die geleisteten Unterhaltsleistungen von dem Kind zurückzufordern – allerdings mit fraglichem Erfolg. Zum einen sind die Kinder in den meisten Fällen nicht allzu vermögend und zum anderen wird meistens entgegengehalten werden können, dass die erhaltenen Leistungen schon gutgläubig verbraucht worden sind. In der Praxis werden häufig Schadenersatzansprüche gegen die Kindesmutter geltend gemacht. Diese kann schadenersatzpflichtig werden, wenn sie den Scheinvater durch bewusst unwahre Aussagen in die Irre geführt hat und er deshalb angenommen hat, der Vater des Kindes zu sein.
Auch wenn Wut und Enttäuschung in dieser Situation nachempfindbare Emotionen sind, sollten auch die sozialen Folgen vor Beschreiten des Gerichtsweges abgewogen werden, denn mit dem rechtlichen Wegfall der Vaterschaft gehen auch alle damit verbundenen elterlichen Rechte verloren.