Schutz vor Gewalt in der Wohnung – auch bei psychischer Gewalt?
Familienrecht: Gewaltschutzverfahren
Autorin: Christina Begenat, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht
In vielen Fällen ist Gewalt in der Wohnung mit Gewalt in der Familie verbunden. Zwischen Ehegatten oder im Eltern-Kind-Verhältnis kommt es leider immer wieder zu physischen oder auch psychischen Gewaltanwendungen. Gewaltanwendung in der Ehe ist natürlich ein Trennungs- und Scheidungsgrund für die Betroffenen.
Zu beachten ist jedoch, dass auch ein Scheidungsverfahren eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt und manchmal nicht schnell genug die erforderliche Hilfe liefern kann.
Gerade dann, wenn einer der beiden Ehegatten nicht bereit ist, aus der gemeinsamen Ehewohnung auszuziehen, und sich dadurch eine dauernde Spannung in der Familie – und in der gemeinsamen Wohnung – aufbaut, kann zum einen die Wegweisung durch die Polizei und zum anderen die einstweilige Verfügung als schnellere Lösung in Betracht gezogen werden.
Was versteht man darunter?
Die sogenannte Wegweisung wird von der Polizei bei unmittelbar bevorstehenden beziehungsweise tatsächlichen gefährlichen Angriffen auf das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer Person ausgesprochen. In der Regel wird der Angreifer aus der Wohnung und deren unmittelbarer Umgebung verwiesen und ihm wird das (Wieder-)Betreten verboten. Dem Weggewiesenen können auch die Schlüssel zur Wohnung weggenommen werden, damit ein (Wieder-)Betreten der Wohnung erschwert wird.
Die gefährdete Person wird in der Regel von der Polizei gleich über die Möglichkeit der Beantragung einer einstweiligen Verfügung informiert.
Bei der einstweiligen Verfügung handelt es sich um eine vorläufige Maßnahme, die sicherstellt, dass der gerichtliche Rechtsschutz nicht zu spät kommt. Die Anordnung einer solchen Maßnahme ist nur dann möglich, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, Die einstweilige Verfügung ist eine vorläufige gerichtliche Maßnahme, die sicherstellt, dass es einen rechtlichen Anspruch und eine Gefahr gibt.
Einstweilige Verfügung
Auch für Gewalt in der Wohnung ist eine solche einstweilige Verfügung möglich. Notwendig ist hierfür die Behauptung, dass das weitere Zusammenleben zwischen den betroffenen Personen aufgrund eines körperlichen Angriffs, einer Drohung mit einem solchen oder eines die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhaltens unzumutbar geworden ist und dass die betroffene Wohnung der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Antragstellers dient.
Eine einstweilige Verfügung kann also nicht nur aufgrund eines körperlichen Angriffs, beispielsweise schwere oder wiederholte Misshandlungen durch den Partner, erlassen werden, sondern auch, wenn psychische Gewalt ausgeübt wird, die das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit, die Freiheit, die Ehre oder in größerem Ausmaß das Vermögen ernstlich bedroht und deshalb umgehend geändert werden muss. Eine psychische Beeinträchtigung ist dann relevant, wenn sie dauernde Gesundheitsschäden nach sich zieht.
Die Beurteilung der Unzumutbarkeit des Zusammenlebens erfolgt verschuldensunabhängig. Es kommt auf die Auswirkungen des bescheinigten Verhaltens und nicht auf das Unrechtsbewusstsein oder die Absichten des Antragsgegners an. "Psychoterror" ist daher nicht nach objektiven, sondern nach subjektiven Kriterien zu beurteilen; von Bedeutung ist nicht ein Verhalten, das der Durchschnittsmensch als "Psychoterror" empfände, sondern die Wirkung eines bestimmten Verhaltens gerade auf die Psyche der geschädigten Person. Zwar kann die subjektive Auslegung des Begriffs "Psychoterror" nicht so weit gehen, dass jegliches Verhalten, das nicht den normalen Umgangsformen entspricht, aus einer subjektiven Sichtweise heraus die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens begründet. Allerdings spricht die Glaubhaftmachung einer erheblichen psychischen Beeinträchtigung für eine Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens der Parteien.
Wichtig bei der Erlassung einer einstweiligen Verfügung wegen Psychoterrors ist daher zu überprüfen, wie sich das Verhalten der schädigenden Person auf die geschädigte Person subjektiv auswirkt und welche gesundheitlichen Folgen eingetreten sind beziehungsweise noch eintreten könnten.
Sollten Sie selbst Opfer häuslicher Gewalt sein, holen Sie sich professionelle Hilfe für den Weg aus der Gewalt. Neben der Polizei sind Ansprechpartner Frauenberatungsstellen, Frauenhäuser oder das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“, das unter 08000 116 016 an 365 Tagen zu jeder Uhrzeit anonym und kostenlos zu erreichen ist.