Missverständnisse beim Sorge- und Umgangsrecht
Familienrecht: Sorgerecht und Umgang
Autorin: Katja Müller, Rechtsanwältin für Familienrecht
Viele Eltern befürchten bei gemeinsamen Sorgerecht, nicht mehr alleine entscheiden zu dürfen. Dem ist aber nicht so.
Sorge- und Umgangsrecht – zwei Begriffe die umrankt sind von Mythen, Halbwissen und vielen Missverständnissen. Nicht selten heißt es, als Mann habe man rechtlich bei den Kindern nichts zu melden, das Sorgerecht bekomme immer nur die Mutter. Dies ist nicht richtig.
Ebenso ist auch das Sorgerecht nicht entscheidend dafür, wie oft die Kinder nach einer Trennung einen Elternteil sehen. Die Begriffe Sorgerecht und Umgangsrecht werden häufig vermischt oder synonym verwendet. Rechtlich gesehen handelt es sich dabei jedoch um zwei völlig unterschiedliche Dinge. Häufig geht es den Eltern gar nicht wirklich um das Sorgerecht, sondern darum, wer an welchen Tagen und wie oft die Kinder sehen kann.
Sorgerecht – was bedeutet das eigentlich?
Man kann vereinfacht sagen, dass es sich hierbei um die elterliche Pflicht gegenüber den Kindern handelt. Sie umfasst die Pflege und Erziehung der Kinder, aber auch die gesetzliche Vertretung und Vermögensverwaltung. Wenn die Eltern zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet sind, haben sie automatisch gemeinsam das Sorgerecht inne. Ist die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt ledig, kommt ihr das alleinige Sorgerecht zu. Einvernehmlich können sie jedoch beim Jugendamt erklären, dass sie das Sorgerecht gemeinsam ausüben wollen und eine Sorgeerklärung abgeben. Sofern die unverheirateten Eltern keine Einigung finden, kann der Vater bei dem zuständigen Familiengericht einen Antrag auf Erteilung der Mitsorge stellen. Seit 2013 soll das gemeinsame Sorgerecht den Regelfall darstellen und die Gerichte können auch gegen den Willen eines Elternteils eine Sorgerechtsentscheidung treffen. Der Anteil der Kinder, die außerhalb einer Ehe geboren werden, hat sich in den letzten rund 20 Jahren mehr als verdoppelt. Diesem Umstand sollte die Reform der elterlichen Sorge angemessen Rechnung tragen. Notwendig für die Ausübung der gemeinsamen Sorge ist ein Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft zwischen den Eltern. Es muss in irgendeiner Form ein Informationsaustausch stattfinden können. Wenn die Eltern gar keine Kommunikationsbasis haben, kann das die gemeinsame Ausübung des Sorgerechts im Hinblick auf das Kindeswohl unmöglich machen. Viele befürchten bei gemeinsamen Sorgerecht alleine quasi nichts mehr entscheiden zu dürfen oder handlungsfähig zu sein. Dem ist aber nicht so. Zwar gibt es bei dem gemeinsamen Sorgerecht das Einvernehmlichkeitsgebot, das heißt, dass sich die Eltern bei wichtigen Angelegenheiten des Kindes grundsätzlich absprechen sollten. Es besteht jedoch auch hier die Möglichkeit, dass einem Elternteil für eine sorgerechtliche Entscheidung die alleinige Entscheidungsbefugnis zugesprochen wird.
Was versteht man unter dem Umgangsrecht?
Umgangsrecht ist das Recht des Elternteils, der nicht mit dem Kind zusammenlebt, auf persönlichen Umgang mit dem Kind. Das Umgangsrecht soll grundsätzlich nicht nur in der Freizeit des Kindes stattfinden. Im besten Fall gibt es also nicht einen Elternteil, der immer nur am Samstagnachmittag Eis essen geht und lediglich vergnügliche Aktivitäten mit den Kindern erlebt und den anderen Elternteil, der immer die Schulaufgaben kontrolliert. Es sollte, wenn möglich, sowohl dem Kind als auch dem Elternteil ermöglichen, einen Alltag zusammen zu erleben. Was häufig nicht bekannt ist: Die Eltern müssen Kontakt zum anderen Elternteil nicht nur zulassen. Vielmehr haben sie sogar die Pflicht, die Kinder positiv auf Kontakte zum anderen Elternteil einzustimmen und müssen alles unterlassen, was die Eltern-Kind-Beziehung stören kann. Im Streitfall wird von den Gerichten das Kindeswohl in den Mittelpunkt gerückt. Neben dem Alter des Kindes und seinen Bedürfnissen kommt es auch darauf an, wer sich bisher in welchem Ausmaß um die Kinder gekümmert hat. Die Debatte und der Streit ums Kind wird häufig durch diese Faustregel befeuert: Je mehr Kontakt zum Kind, desto weniger Unterhalt muss bezahlt werden. Teilweise werfen die Eltern einander daher vor, nur mehr Kontakt zu wollen, um weniger Unterhalt zahlen zu müssen. Oder umgekehrt – man würde nur mehr Kontakt verhindern wollen, um weiter Unterhalt lukrieren zu können.
Ausblick
Im Sinne einer Elternschaft auf Augenhöhe ist es von Vorteil, wenn beide Eltern an dem Sorgerecht beteiligt sind. Auch wenn das Sorgerecht und die Beteiligung daran im Alltag in Wahrheit nicht oft spürbar sind, ist es allein stimmungsmäßig ein Unterschied, ob man sorgeberechtigt ist oder nicht. Wenn die Kommunikationsbasis allerdings schwerwiegend und nachhaltig zerstört ist und ein Elternteil den anderen aus Prinzip torpediert, wo es nur geht, kann das gemeinsame Sorgerecht zum Problem werden und auf Kosten der Kinder und aller Beteiligten gehen.